Interview mit Reg Benedikt zu ihrem Buch „Jägerin der Schatten“

erstellt von: HOMO Littera | Kategorie(n): Bücher, Interviews

„Reg Benedikt“ hat uns zu ihrem Buch „Jägerin der Schatten“  ein Interview gegeben

Jägerin der Schatten

Hallo Reg. Würdest du unseren Lesern kurz erzählen, worum es in deinem Buch „Jägerin der Schatten“ geht?

Reg: Es geht um zwei starke Frauen, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Sina entspricht in großen Teilen einer Protagonistin, mit der man sich vermutlich leicht identifizieren kann. Sie hat einen Job, versucht ihr Leben auf die Reihe zu bekommen, ihre Vorstellung von der wahren Liebe zwischen Frauen hat erst ihre Ehe zu einem Mann zum Scheitern gebracht, und wurde dann vom Pfeil der Enttäuschung niedergemetzelt. So oder ähnlich unangenehm nachvollziehbar für viele von uns.
Eve ist als Charakter hingegen bedeutend abenteuerlicher. Ihr wurde die Aufgabe gestellt, eine magische Grenze zu schützen, die unsere und damit auch Sinas Welt von einem Reich trennt, das es eigentlich nur in Märchen und Legenden gibt. Ihr Leben ist von Kämpfen bestimmt, von einer fremden Welt und deren Wesen, die kaum vorstellbar sind. Im Grunde ist sie dadurch sehr einsam.
Beide Frauen werden durch ein Schicksal aneinandergebunden, von dem sie bisher nichts wussten. Sinas Überraschung einem Troll zu begegnen – auch wenn er verhältnismäßig klein ausfällt –, ist nur der Auftakt um ein Abenteuer zweier Welten und um diese beiden Frauen.

Wie ist die Idee zu „Jägerin der Schatten“ entstanden?

Reg: Ich mag Liebesgeschichten sehr, aber ich wollte keinen reinen Liebesroman schreiben, auch wenn man damit sicher ein breiteres Interesse weckt. Dort gibt es Romantik, ein bisschen Hin- und Her, erotisches Knistern und am Ende ein Happy End. Das ist wundervoll – aber das hat mich nicht herausgefordert.
Ich habe schon immer gerne Fantasy gelesen. Ich mag die Vorstellung, dass das Universum aus mehr besteht als aus der Summe seiner Teile. Was mir aber immer gefehlt hat, war dann doch die Liebe und zwar gerade nicht zwischen einem muskelbepackten Helden und einer zarten Amazone. Mich haben die weiblichen Charaktere fasziniert – genau so lange, bis sie sich einem mit wahlweise Drachen-, Ork- oder Werwolfblut verschmierten Krieger an den Hals geworfen haben.
Liebesgeschichten zwischen Frauen in diesem Genre sind so häufig wie Schnee zu Weihnachten im Berliner Umland. Natürlich wollte ich Romantik, aber mit einem fantastischen Abenteuer drum herum, ausgeschmückt mit allem, was dazu gehört: Kämpfe mit Keulen und Schwertern und am liebsten gegen irgendwas mit Hörnern, riesigen Pranken und Reißzähnen.

Vielleicht habe ich nur nie die richtigen Bücher erwischt, aber das war dann ja mein Glück, denn irgendwann habe ich mir gedacht, dann schreib ich das, was ich gerne lesen würde, einfach selbst.

In „Jägerin der Schatten“ gibt es Feen, Trolle, Zwerge, Magier und sogar einen Ork. Was ist für dich der Reiz an Fantasygeschichten? Ist es schwierig, die Märchen- und Fabelwelt mit der realen Welt zu verbinden?

Reg: Es gibt nicht viele Genres, die der Vorstellungskraft so wenig Grenzen setzen, wie in der Fantasy. Es ist einfach alles möglich. Man muss sich nicht an die Realität halten. Das ist für mich sehr inspirierend. Die größte Herausforderung ist es daher, die Bilder, die ich von den Wesen oder den fremden Welten im Kopf habe, so zu beschreiben, dass sie jeder versteht.
Das alles in die Realität zu integrieren ist nicht schwer. Die Märchenwelt ist gar nicht so weit weg. Wir alle sind doch mehr oder weniger damit aufgewachsen – und wie verrückt kann es schon sein, wenn ein Ork die großen Denker unserer Zeit zitiert oder man mit einem Zwerg frühstückt – außer seinen Tischmanieren, die wirklich zu wünschen übrig lassen.

Du sagst selbst über die Heldinnen in deinen Geschichten, dass es keine Frage ist, ob sie sich ineinander verlieben, sondern vielmehr wann und wie. Wie darf man sich die Planung deiner Liebesgeschichten vorstellen?

Reg: Die Idee einer Geschichte entsteht oft durch einzelne Szenen, die mir einfallen. Dazu überlege ich mir dann eine Protagonistin. Meist drängt sich das regelrecht auf. Eve hätte nie Zöpfe und lackierte Fingernägel haben können. Sie war von Anfang an genau so wie sie ist. Bei der Idee zu dem Buch war sie die Erste, die durch meinen Kopf spaziert ist oder genervt und ungeduldig mit den Augen gerollt hat, weil ich mit dem Plot nicht hinterherkam. Sie war und ist die Jägerin.
Aber wie ich schon sagte, mag ich Liebesgeschichten – in der richtigen Verpackung. Und darum findet sich dann auch schnell eine zweite Protagonistin. Ein Gegensatz in diesem Fall. Das bietet Konflikte und Drama. Mag ich beides. Sie sollen sich ja nicht einfach sehen und lieben – das müssen sich die beiden schon erarbeiten. Also habe ich zwei Frauen und alles andere ist weniger geplant, als dass es sich beim Schreiben entwickelt. Da überrasche ich mich dann oftmals selbst.

Benötigst du Inspiration zum Schreiben? Oder besondere Musik beziehungsweise eine bestimmte Umgebung?

Reg: Tatsächlich erhalte ich meine Inspiration oft durch Musik. Allerdings weniger beim Schreiben. Das habe ich mal versucht, aber entweder es lenkt mich zu sehr ab oder ich höre irgendwann gar nicht mehr hin. So oder so – sinnlos. Aber wenn ich Musik im Auto höre, schön laut, dann kann ich abtauchen – ohne die Rücklichter meines Vordermanns aus den Augen zu lassen, versteht sich, oder die eine oder andere Ampel. Es gibt aber auch Filme oder Games, die mich anschubsen. Sehr oft auch besondere Orte und Gebäude, die mir begegnen. Das ist sehr vielfältig.

In „Jägerin der Schatten“ geht es um ein gleichgeschlechtliches Liebespaar. Findest du, es ist eine besondere Herausforderung, über ein lesbisches Paar zu schreiben?

Reg: Nein, für mich ist das völlig logisch. Eher wäre alles andere für mich eine Herausforderung.
Ich hebe in meinen Büchern auch nicht den Zeigefinger. Ich möchte Selbstverständlichkeit vermitteln. Das beinhaltet ja auch eine gewisse Aussage. Niemand erklärt in Heteroromanen, warum sich die Frau nun ausgerechnet in einen Mann verliebt. Es ist eben so. Es gibt bei mir keine Coming-out-Geschichten oder Dramen um Akzeptanz. Ich will einfach nur unterhalten und jeden auf ein Abenteuer mitnehmen, der sich darauf einlassen mag, und hoffe, dass mir das gelingt.

Denkst du, dass es Fantasyromane im lesbischen Bereich am Buchmarkt schwerer haben als Heterobücher?

Reg: Ich glaube, Fantasy ist generell ein Genre, das es nicht leicht hat. Es gibt eingefleischte Fans, aber für alle anderen ist das wohl etwas, das sich nicht unbedingt erschließt. Mit Harry Potter und Herr der Ringe gab es einen Hype, aber es bleibt dennoch ein Thema, auf das man sich wohl einlassen wollen muss.
Wenn ich also einen lesbischen Fantasyroman schreibe, dann tue ich das für die Nische in einem Nischengenre. Aber ich hatte viel Spaß dabei, das Abenteuer um Eve und Sina zu schreiben.

In deinem Roman scheinen unüberwindbare Gefahren und Probleme zwischen deinen Protagonistinnen zu stehen. Dennoch verlieben sie sich ineinander. Findest du, dass Liebe auch im wahren Leben unbesiegbar ist und oftmals Lücken schließen kann?

Reg: Das Gute an Romanen ist ja, dass diese nicht dem wahren Leben entsprechen müssen. Auf den vielen Seiten will ich von der einzigen, der wahren Liebe lesen – mit der sich Eve und Sina in Jägerin der Schatten allerdings auch schwertun. Also ist es wohl doch nicht so einfach.
Allerdings denke ich, dass im Leben nichts unbesiegbar ist. Im Positiven wie im Negativen.

Nach wie vor schreiben viele SchriftstellerInnen im homosexuellen Bereich unter einem Pseudonym, da die Akzeptanz in der Öffentlichkeit oftmals schwierig ist. Auch du hast einen Künstlernamen gewählt. Gibt es bei dir ähnliche Gründe?

Reg: Ich habe das nur wegen der Groupies gemacht.
Nein, nur Spaß. Bei mir ist das relativ undramatisch. Mein richtiger Name ist wirklich unspektakulär und sieht auf einem Buchcover einfach nach nichts aus. Darum habe ich mir etwas überlegt, was besser klingt und schöner aussieht.
Viele Schriftsteller schreiben unter einem Pseudonym und dabei müssen sie nicht die fehlende Akzeptanz der Öffentlichkeit fürchten, weil sie vielleicht Kuchenrezepte veröffentlichen oder ein Sachbuch über Bachblüten herausbringen. Keine Ahnung, was deren Gründe sind, aber sie tun es.
Ich habe meine Frau auf der Arbeit kennengelernt und wir leben offen zusammen. Ich kann sagen, dass ich keine Anfeindungen oder Vorurteile in unserem Umfeld privat und dienstlich kennengelernt habe. So offen, wie wir allen begegnen, begegnet man uns auch. Ich finde das großartig – jetzt wo ich so darüber nachdenke. Tatsächlich ist es wundervoll alltäglich und drängt sich mir kaum auf.
Aber natürlich gebe ich zu, dass ein Pseudonym sehr praktisch ist. Ich wäre überrascht, wenn mich jemand auf meine Schriftstellerei ansprechen würde. Das liegt aber daran, dass ich nicht so gerne im Mittelpunkt stehe. Ja, sie ist bescheiden.
Mehr Gründe gibt es eigentlich nicht – außer natürlich wegen der Groupies.

Kannst du zu zukünftigen Projekten von dir etwas sagen? Wirst du dem Genre Fantasy treu bleiben?

Reg: Ich werde der Fantasy auf jeden Fall treu bleiben. Ein weiterer Teil der „Magischen Grenze“ ist fertig und wird voraussichtlich Ende des Jahres 2020 im Handel sein. Er ist jedoch keine reine Fortsetzung und kann auch ohne den ersten Teil gelesen werden. Das war mir sehr wichtig.
In Planung sind noch mehr Geschichten um die Magische Grenze. Die Idee bietet wirklich viele Möglichkeiten, die ich aufgreifen will.
Im Februar 2020 erscheint ein Thriller von mir. Da gibt es jede Menge Aktion um die Protagonistin und natürlich nervenaufreibende und knisternde Leidenschaft, schön verpackt zwischen Verfolgungsjagden, Geheimnissen und Intrigen. Zum Ende hin wird es ein klitzekleines bisschen mystisch. Aber wirklich nur ein Hauch. Ich kann wohl wirklich nicht anders.
Anfang 2021 wird ein Science-Fantasy-Roman von mir veröffentlich, auf den man sich freuen darf. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Wir bedanken uns für das Interview und wünschen dir weiterhin viel Erfolg!

Reg: Vielen herzlichen Dank. Es hat Spaß gemacht mit euch zu plaudern.

Reg Benedikt, geboren 1973, ist eine deutsche Schriftstellerin, die mit Vorliebe Protagonistinnen erschafft, die nicht allzu zimperlich sein dürfen. Inspiriert wird sie von Actionfilmen, Fantasy-Epen und Science-Fiction-Schlachten. Auf dem Weg zur Arbeit führt sie oftmals Gedankendiskussionen mit ihren Heldinnen. Dabei ist die entscheidende Frage nicht, ob sich ihre Charaktere verlieben, sondern vielmehr wie und wann.
Reg Benedikt lebt mit ihrer Frau und diversen Fellnasen in der Nähe von Berlin.

„Jägerin der Schatten“ ist seit dem Frühjahr 2019 im Buchhandel und online erhältlich.